Mittwoch, 6. Mai 2015

Tolerieren, Respektieren, Glauben. Warum wir glauben - und es nicht wissen (3)



Aber halt. Haben wir nicht gesehen, daß das moderne, demokratisch gesinnte, den Islam respektierende Subjekt bei genauerer Betrachtung nur an das Gute in der Demokratie, in der Aufklärung und in der Moderne glaubt - keineswegs an das Gute „im Islam“? Daß er „den Islam“ nur dann für gut hält, wenn der Islam seinerseits seine „eigenen“ Werte als demokratisches, aufgeklärtes, modernes Subjekt respektiert?

Sofern das Respektieren des Islam ein Glaube ist, glauben jene modernen Subjekte also lediglich, an den Islam zu glauben.

Oder: Sie wünschen es.

Das moderne, demokratisch gesinnte Subjekt, das den Islam respektieren will, hat einen Glaubenswunsch: Den Wunsch, an das Gute im Islam glauben zu können – kann es aber nicht, sofern es ein modernes, aufgeklärtes, demokratisch gesinntes Subjekt bleiben will.

Die Situation unseres modernen, den Islam respektierenden Subjekts erinnert an die absurde Geschichte eines Mannes, der sich in finanzieller Not befindet - oder glaubt, sich in einer solchen zu befinden. Und der einen vermeintlich reichen Onkel aufsucht, im Glauben, der Onkel könne ihm Geld leihen, und ihn so aus der Not retten. Aber es stellt sich heraus, daß der Onkel arm ist. Ärmer noch als der Neffe, der am Ende, um seine Illusion zu retten, vom reichen, großzügigen Onkel gerettet zu werden, seinem Onkel Geld schenkt - damit der Onkel wiederum ihm Geld leihen kann ...

Der Aspekt des (vermeintlichen) Mangels des Neffen in dieser absurden Parabel bringt uns der Antwort auf die Frage: „Wie kommt es, daß sich als aufgeklärt empfindende Zeitgenossen, sich ihrem eigenen Denken gegenüber so unaufgeklärt zeigen?“ ein Stück näher.

Wir behaupten: Der Glaubenswunsch jener modernen, den Islam respektierenden Subjekte, ihr dringender Wunsch, an das Vorhandensein von Reichtum und Fülle im Islam zu glauben, resultiert aus einem Gefühl des Mangels, anders gesagt, aus einem Unbehagen in der „eigenen Kultur“.

„Unbehagen in der eigenen’ Kultur“ können wir auch durch „Unbehagen an der Zivilisation“, „an der Moderne“ und: „am Kapitalismus“ ersetzen bzw. ergänzen.

Unbehagen an der Zivilisation, an der Moderne oder am Kapitalismus als Motive hinter dem  Wunsch, an das Gute/die Fülle/den Reichtum im Islam glauben zu wollen, konfrontiert uns aber mit einer weiteren Absurdität: Als Gegenentwurf gegen Zivilisation, Moderne oder Kapitalismus kommt der Islam nicht in Frage. Zum einen sind Gesellschaften mit islamischer Bevölkerungsmehrheit natürlich nicht „unzivilisiert“. Zum anderen sind sie weder von der Moderne verschont geblieben - noch vom Kapitalismus.

Im Gegenteil.

wird fortgesetzt

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